Kurzes Manual für Neuwähler*innen oder Mitmenschen, die bisher nicht so ganz über die Abläufe der kommunalen Entscheidungsprozesse Bescheid wissen.

Gegenwärtig gibt es 42 Sitze im Rat der Stadt Celle, dazu kommt stimmberechtigt der Oberbürgermeister
Aktuell gibt es sieben Fraktionen. Neben den aus Funk und Fernsehen bekannten Parteien verkehren bei uns auch die “Unabhängigen”, mittlerweile als drittgrößte Fraktion, die in der Regel vorher mal CDU-Mitglieder waren. Und dann ist das noch die „Wählergemeinschaft“ mit zwei Fraktionsmitgliedern.

Das “Bündnis Soziale Gerechtigkeit” hat 2011 wie schon vorher einen Sitz „erobert“. Als einzelner Abgeordneter hat man beschränkte Möglichkeiten der aktiven Gestaltung. So hat „Bürger Müller“ mit Behiye Uca von „Die Linke“ eine sogenannte Gruppe gebildet, die Fraktionen gleichgestellt ist und vollen Zugang zu allen Ausschüssen und zu allen Internas hat.

Als „Die Linke/BSG“ hat die Zusammenarbeit über fünf Jahre sehr gut geklappt. Dass jetzt wieder getrennte Listen kandidieren, hat – aus unserer Sicht – mit dem engen Parteiverständnis des Kreisverbands Celle „Die Linke“ zu tun. Aber das ist ihr gutes Recht, das so zu sehen. Wir kandidieren jetzt also wieder als Bürgerbündnis und sind auch ganz froh über diese Lösung.

Die Fraktionen bestimmen Ratsmitglieder für die einzelnen Fachausschüsse, dort werden die anliegenden Themen behandelt, bis sie dann im Verwaltungsausschuss oder im Rat endgültig zur Abstimmung kommen. In Celle gibt es z. Zt. 11 Fachausschüsse, daneben haben viele Ratsmitglieder Mandate in Gesellschafterversammlungen oder Aufsichtsräten der ausgegliederten Gesellschaften (z.B. CongressUnion, Stadtwerke, WBG, CD Kasernen gGmbH usw.).

Was können wir als kleine Fraktion im Rat überhaupt „reißen“?

Begeben wir uns mal in die Welt der Fußball-Analogie. Wir versuchen also, unsere Arbeit mit „Bildern“ aus dem Fußball zu erläutern.

Eine kleine Fraktion kann selbstverständlich keinen Ballbesitz-Fußball spielen. Das geht nur, wenn wir andere Akteure mit ins Team holen. Das ist uns am Besten gelungen, als der Oberbürgermeister Geheimgespräche mit dem Gelsenwasserkonzern geführt hat, um Möglichkeiten zur Umstrukturierung der Abwasserwirtschaft zu „erörtern“. Nachdem wir die Angelegenheit öffentlich gemacht hatten, war ziemlich schnell ein Bürger*innen-Bündnis auf dem Spielfeld. Da haben wir dann in gewissem Sinne die „Doppel-Sechs“ besetzt, also die Mitspieler mit guten Pässen versorgt (Informationen) und gleichzeitig versucht, hinten den Laden dicht zu halten (keine Fehler zu begehen oder Lücken in der Informationspolitik aufzumachen). Das Hinspiel haben wir so überlegen gewonnen.

Unsere besten Spielzüge ergeben sich aus Standards. D.h., wir stellen Anträge oder Anfragen zu bestimmten Themen und haben aus dieser Ballbesitzkonstellation gelegentlich die Möglichkeit, einen Treffer zu erzielen. Das ist uns durchaus einige Male, wenn auch nicht bei wirklich bedeutenden Themen, gelungen.

Große Passagen des Spiels bestehen dann noch aus Gegenpressing und Umschaltspiel. D.h.: Verwaltungsspitze, die anderen Fraktionen oder die Presse versuchen, irgendeinen Spielzug aufzuziehen. Da schauen wir entweder zu, wenn’s für das eigene Tor nicht gefährlich wird. Aber oft halten wir dagegen. D.h.: Wir müssen schnell antizipieren, wohin der Hase laufen soll. Dann die Gegner*innen bedrängen, ihnen nach Möglichkeit den Ball abjagen und das Spiel in die andere Richtung laufen lassen. Das ist – zugegeben – aus einem kleinen Team heraus ziemlich schwierig. Aber auch das haben wir gelegentlich ganz gut hinbekommen.

In der Defensive geht’s vor allem darum, keine Fehler zu machen – dicht stehen, keine (unnötigen) Fouls, keine arroganten Zuspiele. Das ist vor allem eine Frage der Seriösität. Wenn der Gegner dann doch zu Toren kommt, ist es einfach der nummerischen Überlegenheit geschuldet. Da können wir kaum was machen. Aber da könnten die Wähler*innen ein bisschen was tun, indem sie mit ihren Stimmen dafür sorgen, dass wir in den nächsten fünf Jahren vielleicht mal mit Dreierkette (und Torwart*in) spielen können.

Eine letzte Analogie: Wir lieben das Spiel an sich und haben uns längst daran gewöhnt, dass die Besucher*innenzahlen bei Ratssitzungen nicht einmal mit jenen der 3. Kreisliga konkurrieren können. (Dabei kostet’s nicht mal Eintritt.) Aber selbstverständlich ackern wir für unsere Fans, d.h. die Menschen in unserer Stadt, deren Interessen wir zu vertreten glauben. Und da sind wir für Beifall oder auch Tipps vom Spielfeldrand immer offen.